KSG Andernach


Anhaltende Kritik am vorgezogenen Abitur



Als 2002 das vorgezogene Abitur eingeführt wurde, hagelte es heftige Kritik: zu wenig Vorbereitungszeit, verlorener Stoff und nur eine begrenzte Möglichkeit, bereits zum Sommersemester ein Studium aufzunehmen. Auch nach einem Jahr fällt die Bilanz eher mager aus, wie eine Umfrage unter Koblenzer Schülern ergab.

Wer früher das Abi hat, kann früher studieren - sollte man meinen. Doch was in der Theorie gut klingt, hat in der Praxis mehr als einen Haken. "Zwar erhalten die Schüler nun schon Mitte März anstatt Ende Juni ihr Abiturzeugnis, haben aber dennoch die Bewerbungsfrist vom 15. Januar versäumt", erklärt Eckhard Winkler, Studiendirektor des Bischöflichen Cusanus-Gymnasiums in Koblenz. So können zulassungsbeschränkte Studiengänge auch 2003 nur in Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt zum Sommersemester begonnen werden, da alle anderen Bundesländer das Zeugnis von 12/2 nicht als Ersatz für das Abiturzeugnis anerkennen.

Bei zulassungsfreien Studiengängen hängt es von den Einschreibfristen der Universitäten ab. Und wer ein Studium anstrebt, das über die ZVS vergeben wird, wie zum Beispiel Medizin oder Jura, der muß in jedem Fall bis zum Winter warten. Statt der drei Monate, die ein Abgänger vor 2002 zu überbrücken hatte, sind es in diesem Fall fast sieben.

Die Übergangszeit muß jetzt quasi mit Praktika oder Nebenjobs ausgefüllt werden, da bei einer Nichtbeschäftigung von mehr als vier Monaten das Kindergeld gestrichen wird und der Betrag, der seit dem Verlassen der Schule gezahlt wurde, komplett zurückgezahlt werden muß, teilt der Pressesprecher des Arbeitsamtes Koblenz mit. Nur bei einem schriftlichen Nachweis, daß der gewünschte Studiengang erst zum Winter möglich sei, werde das Kindergeld weitergezahlt.

Für diejenigen, die eine Ausbildung anstreben, hat sich durch das vorgezogene Abitur nicht viel verändert, da die meisten Ausbildungsberufe erst zum 1. August beginnen. Ähnliches gilt für Zivildienstleistende. Die einzigen, die von der neuen Regelung profitieren, sind die männlichen Abiturienten, die nach der Schule Grundwehrdienst leisten wollen. Für sie wurde von der Bundeswehr eigens das neue "6 plus 3"-Modell entwickelt, mit dem sie die ersten sechs Monate direkt nach dem Abitur ableisten können. Dann können sie im Wintersemester anfangen zu studieren. "Die fehlenden drei Monate müssen in den beiden darauffolgenden Jahren in Blöcken von jeweils sechs Wochen abgeleistet werden", erklärt der Wehrdienstberater der Bundeswehr in Koblenz. Das heißt, daß die Männer dies in den Semesterferien tun können.

Viele Lehrer, die für die Oberstufe zuständig sind, beanstanden noch einen weiteren Punkt, so zum Beispiel Helmut Just, Studiendirektor des Görres-Gymnasiums in Koblenz: "Lehrer, die in der Jahrgangsstufe 13 unterrichten, müssen über das Jahr verteilt mehr Unterrichtsstunden in anderen Klassen leisten, da die 13er ja schon Anfang März die Schule verlassen." So könnten pro Schule bis zu zwei Stellen eingespart werden.

Die Schüler selbst beurteilen die derzeitigen Vorteile, die ihnen das vorgezogene Abitur bringen soll, als minimal. "Wir haben weniger Vorbereitungszeit und erhalten das Zeugnis von 13/2 erst nach den Abi-Arbeiten. Das heißt, wir können noch im Nachhinein die Qualifikation aberkannt bekommen", klagt eine Abiturientin des Eichendorff-Gymnasiums in Koblenz.

Andere lehnen das vorgezogene Abitur zwar nicht ab, haben aber durchaus Verbesserungsvorschläge zu machen. So auch die Schülerin Tina Lescher: "Ich würde der Verkürzung zustimmen, wenn wir auf jeden Fall früher mit dem Studium beginnen könnten, ohne dabei zeitlich unter Druck zu geraten oder den Stoff nur anzureißen."
nach RZ 13. 3. 2003


Anm. der Reaktion: Dieser RZ-Bericht hat zwar keinen direkten Bezug zum Kurfürst-Salentin-Gymnasium Andernach. Er schildert jedoch gut die Probleme, mit denen sich auch die Abiturienten des KSG herumschlagen müssen und ergänzt damit die Schilderung Stephan Hurtmanns in den Salentiner-Nachrichten Nr. 44/2003.