KSG Andernach


Jan Mendling und Marc Richter:
IM NETZ DER SALENTINER - ZUSAMMEN MEHR ERREICHEN



Unter den Ehemaligen des KSG besteht eine überwältigende Bereitschaft, mit ihrem nachschulischen Fundus an Erfahrungen den Schülern und Lehrern des KSG unterstützend zur Seite zu stehen. Dies belegt eine E-Mail-Umfrage, die von Jan Mendling (Abiturientia 1995) und Rudolf Kerres (Studiendirektor KSG) vergangenen Oktober gestartet wurde. Das vorläufige Ergebnis umfaßt eine große Anzahl an Anregungen, die in Zukunft die Reputation des KSG weiter steigern können. Eine zentrale Rolle spielt dabei, das informelle "Netz der Salentiner" zu festigen und auszubauen.


Der Rückblick - Identifikation und Wissen

Gegen Ende der Schulzeit und vor allem im Abitur ist die Luft erfüllt von feierlichen Schwüren der Schüler, den Kontakt zueinander nie aufzugeben, sich regelmäßig zu treffen oder wenigstens ab und an zu telefonieren. Doch schleichend und allen Bekundungen zum Trotz geschieht genau das, was von älteren Jahrgängen berichtet wurde: Kaum aus der Käseglocke Schule in den Ernst des Lebens entlassen, schlägt sich ein jeder alleine durch. Es beginnen Wehrdienst, Ausbildung oder Studium, und beiläufig, fast unbemerkt, lösen sich kontinuierlich die alten Bekanntschaften und sogar Freundschaften auf. Zwar dringen hin und wieder noch Gerüchte und Mythen von anderen Ehemaligen ans Ohr, doch ist es nur eine Frage der Zeit, bis man sich gänzlich aus den Augen verloren hat. Selten wiederkehrende Gedanken, die "Verlorenen" wieder aufzufinden, wandeln sich in ein latentes Bedürfnis nach Wiedersehen der Schulfreunde. Unser Abiturjahrgang 1995 befriedigt dies Bedürfnis mit wiederholten selbstorganisierten Jubiläumstreffen zusammen mit einigen Lehrern, doch der Blick für das KSG als Ganzes geht schnell verloren.

Wir möchten an dieser Stelle nicht die Anekdoten, Geschichten und Erinnerungen wiedergeben, die während solcher Treffen mal mehr oder weniger amüsant die Runde machen, sondern ein Phänomen aufgreifen, das sich herauskristallisierte und zusammenfassend wie folgt beschreiben läßt: Das Kurfürst-Salentin-Gymnasium Andernach stiftet auch nach Jahren unabhängig der unterschiedlich durchlebten Erfahrungen ein hohes Maß an Identifikation bei den Ehemaligen. Es bildet eine zentrale Plattform, eine Referenz für Kommunikation und Austausch. Dies in Summe liefert einen Fundus an Wissen, der beachtlich ist. Über den "Knoten" KSG sind unterschiedlichste Erfahrungsnetzwerke zu einem immensen Netz verknüpft, und es läßt sich um jeden Jahrgang erweitern, es wächst organisch. In Zeiten der Wissensgesellschaft und des deklarierten Bildungsnotstands nebst zugehörigen Schlagworten ist die Verfügbarkeit und Nutzbarkeit eines solchen Wissensnetzwerkes von entscheidendem Vorteil.



Der Vergleich - Vorteile für Schüler, Schule und Ehemalige

Dies haben deutsche Hochschulen bereits länger erkannt und beginnen zu handeln: Nach amerikanischem Vorbild gründen sich dort immer mehr Vereine ehemaliger Studierender. Diese Alumniclubs, bezeichnet nach dem lateinischen Alumnus, dem Zögling eines Schülerheims (Alumnat), blicken in den USA bereits auf eine 200jährige Tradition zurück und dienen der Kontaktpflege nach dem Studium, helfen beim Berufseinstieg und fördern die Karriere. In Deutschland kam die Alumni-Idee erst 1980 auf. Absolventen der privaten European Business School in Oestrich-Winkel riefen damals mit ihrem Club "exebs" den ersten deutschen Verein ehemaliger Kommilitoninnen und Kommilitonen ins Leben. Seitdem haben sich zwischen Köln und Dresden und von Kiel bis Konstanz etwa 40 Alumni-Organisationen gegründet, rund die Hälfte von ihnen ist sehr aktiv. Zu finden sind die Vereine vor allem an den Privathochschulen und staatlichen Universitäten, selten an Fachhochschulen.

Noch seltener sind solche Ehemaligennetzwerke an Schulen vorzufinden. Vereinzelt gibt es im Rahmen eines oft vorhandenen Fördervereins Bemühungen, auch Ehemalige in die Schulgemeinschaft mit einzubeziehen, doch von einer Alumnikultur und Identifikation mit der "alten Schule", wie beispielsweise in den USA sind "wir" noch weit entfernt. Dabei liegen die Vorteile für Schüler, Schule und Ehemalige auf der Hand:

Den Schülern bietet sich die Chance, neben Eltern, Lehrern, Freunden und anderen Kanälen auf die Erfahrungen der Ehemaligen zuzugreifen. Dies kann spontan, ständig oder über feste Institutionen erfolgen. Jedenfalls handelt es sich dabei unabhängig von der Organisation eines solchen Austauschs stets um einen persönlichen Kontakt auf das weiterführende Wissen von Menschen, die durch ihre eigene Vita die Situation des Schülers nachempfinden können. Zudem stehen Ehemalige in keinerlei formal-hierarchischer Beziehung zum Schüler, die einer vertrauensvollen Atmosphäre hinderlich sein könnten. Salentiner helfen Salentinern, über Alters- und Berufsgrenzen hinweg. Dies macht jedoch erst ab einer gewissen Altersstufe Sinn. Vor allem bei Fragen des vom Lehrplan vorgesehenen Praktikums oder der Berufs- und Studienwahl profitieren die Schüler von den individuellen Erfahrungen der Ehemaligen. Deren intensive "Sicht des Praktikers" kann mittels weiterführender Tips und qualitativem Wissen die eher quantitativen Informationen seitens der Schule und des Berufsinformationszentrums ergänzen und abrunden. Der Schüler kann dank der persönlichen Ratschläge bessere Entscheidungen für seine Zukunft treffen.



Die Bereitschaft - Chance für Schüler und Schule

Wenn es dem Schüler nützt, ist erst mal auch der Schule geholfen. Das Profil einer theoretisch exzellenten Ausbildung wird nämlich durch die dahinterstehende Praxiserfahrung ergänzt. Zudem wird es einfacher, über die eigenen Kontakte zu ehemaligen Salentinern attraktive Projekte, Exkursionen und Arbeitsgemeinschaften zu generieren. Das Leistungsangebot der Schule wird breitgefächerter und interessanter. Dies sowie bestehende Netzwerke (auch zu internationalen Partnerschulen) werden neben der Qualität der Ausbildung immer stärker von Eltern als Kriterien zur Schulwahl ihrer Kinder wahrgenommen. Das KSG bleibt auch weiterhin eine attraktive und anspruchsvolle Ausbildungsstätte. Die getätigten Investitionen in die Bildung der Schüler zahlen sich über eine dauerhafte und feste Bindung an das KSG in der Art aus, daß das Renommee des später erfolgreichen Salentiners auch auf seine Schule zurückfällt. Berichte über spätere Früchte ihrer Lehrinhalte regen Lehrer an, ihren aktuellen Schülern ein höheres Maß an Anschaulichkeit und Bezug zum Alltag zu liefern.

Auch der Ehemalige ist Nutznießer eines solchen Netzwerkes. Er sichert sich durch den Kontakt zu Schülern den persönlichen Zugriff auf zukünftige Netze und erfährt Neuigkeiten und Entwicklungen an seiner Schule aus erster Hand. Er hat die Gelegenheit, eine Brücke zu schlagen und seine Schulerfahrungen im Wandel der Zeit zu sehen. Ein hohes Maß an Motivation ergibt sich zudem aus dem Erfahrungsaustausch mit anderen Ehemaligen verschiedener Jahrgänge. Anregungen können gesammelt und Kontakte neu geknüpft werden. Es wird leichter, sich unabhängig von Zufall, Andernach oder der Mammutarbeit einzelner mit anderen zu treffen. Das Wir-Gefühl des ABI 95 kann zwischen den Jahrgängen erweitert, vertieft und gelebt werden als ein Salentiner-Gefühl, welches allen Beteiligten konkreten Nutzen spendet.


Schüler blicken oft mit Angst und Orientierungslosigkeit in die nachschulische Zeit. Deshalb haben sie ein großes Bedürfnis, von neutraler Seite in einer persönlichen Atmosphäre Anregungen zu ihrem möglichen Werdegang zu bekommen. Dies bestätigen uns Gespräche mit Schülern aus Andernach. Hier, in Sachen Studien- und Berufswahl, gibt es für die Schüler wohl kaum eine gewinnbringendere Auskunftsquelle als die Ehemaligen, die in den letzten fünf bis zehn Jahren vor genau dieser Entscheidungssituation standen. Interessen und Stärken lassen sich mit verschiedenen Studienfächern und Ausbildungsberufen in Verbindung bringen. Der Ehemalige kann deren Bedeutung in der Praxis aus eigener Erfahrung einschätzen, er kennt "gute" und "schlechte" Entscheidungskriterien, die er sich selbst oft mühsam erarbeiten mußte.

Das KSG selbst hat in den letzten Jahren bewiesen, daß es die Herausforderungen in diesen Bereichen meistern will. Einrichtungen wie Betriebspraktika und Projekttage zur Berufswahl bieten den Schülern eine Informationsbreite, die unser Jahrgang 1995 so noch nicht vermittelt bekommen hat. Dieser fruchtbare Weg kann durch eine Institutionalisierung des Salentiner-Netzes fortentwickelt werden. Aus dem Netz ergeben sich vielfältige Möglichkeiten und neue Chancen. Das KSG kann hier mit Hilfe der Ehemaligen eine Vorreiterrolle einnehmen.



Die Umfrage Teil 1 - Die Struktur der Ehemaligen

Vor diesem Hintergrund startete vergangenes Jahr Jan Mendling (Abiturientia 1995) zusammen mit Rudolf Kerres (Studiendirektor) eine Email-Umfrage unter den Ehemaligen des KSG. Ziel war es, möglichst viele für eine Unterstützung der Studien- und Berufswahlaktivitäten am KSG zu begeistern. Bis Januar 2003 haben 146 Ehemalige der verschiedensten Jahrgänge geantwortet und so ihre Bereitschaft dokumentiert. Die meisten sahen es als überfällig an, sich endlich der Ehemaligen von Seiten der Schule anzunehmen. Im ersten Teil der Umfrage gaben die Ehemaligen Auskunft über ihren bisherigen Werdegang (Ausbildung, Studium, Beruf), ihren Abiturjahrgang und Kontaktadresse, im zweiten Teil wurden verschiedene Ideen zur Verbesserung der Studien- und Berufswahl bewertet. Hier nun die sehr interessanten Ergebnisse:

Die Teilnehmer der Umfrage entstammen den unterschiedlichsten Jahrgängen. Als Vertreter der "Altjahrgängen" vor 1975 sind Prof. Mendling von der VIVANTES Frauenklinik Berlin, Prof. Folkers vom ETH Zürich, Dr. Hans-Georg Hansen vom LSG Mainz, Ralf Buchinger vom Hessischen Rundfunk und Wolfgang Rumpf, Architekt aus Andernach zu nennen. Auffällig auch die relativ gute Teilnahme unter den Absolventen 1989. Aus unserem Jahrgang 1995 nahmen sogar 34 Abiturienten (41% aller 1995 Absolventen) teil, wohl deshalb, weil sie nicht nur Herrn Kerres, sondern auch den Verfasser persönlich kennen. Aber auch die anderen Jahrgänge zeigen, daß stets 10 bis 20 Ehemalige bereit sind, das KSG heute noch zu unterstützen. Ein erhebliches Potential für zukünftige Aktionen!

Mit Abstand die meisten Ausbildungen wurden von Ehemaligen im kaufmännischen Bereich absolviert. Favorit ist der Bankkaufmann mit 11 Nennungen. Zeichnerische und graphische Berufe werden hier zusammengefaßt, genau wie auch technische Berufe. Die einmalige Nennung Handwerk stammt von Thomas Glabach, der seiner Familientradition folgend vor kurzem den Titel eines Schreinermeisters erlangte.

Vergleichbar mit den Ausbildungsberufen liegen bei den Studienfächern Wirtschaftswissenschaften weit vorne. Ebenfalls beliebt sind Ingenieursstudien und das Lehramtstudium. Auffällig sind die vielen Nennungen für formale Studienfächer wie Naturwissenschaften, Geographie, Informatik, Architektur+Bauingenieur im Verhältnis zu Jura, Geisteswissenschaften und Psychologie+Pädagogik. Offensichtlich wird das KSG seinem formalwissenschaftlichen Anspruch gerecht, legt man die Studienfachwahl der Teilnehmer zugrunde.



Den Berufen nach sortiert ergibt sich eine beträchtliche Anzahl an Staatsdienern unter den Ehemaligen des KSG, sei es in Universität, Verwaltung, Justiz oder etwa der Polizei. Dennoch ist das Gesamtbild sehr heterogen: IT- und Medienberufe, Industrie, Bank, Bau, Beratung und Verkehr sind allesamt vertreten.

Diese Statistiken dokumentieren eindrucksvoll den reichen und überaus vielfältigen Erfahrungsschatz, den Ehemalige des KSG aufgebaut haben. Doch welche Möglichkeiten sehen diese, sich am KSG zum Nutze der Schule und der Schüler einzubringen? Dies beantworteten sie im zweiten Teil der Umfrage.



Die Umfrage Teil 2 - Die Ideen der Ehemaligen

Im zweiten Teil bewerteten die Ehemaligen vier Ideen zur Ausweitung der Studien- und Berufswahl-Maßnahmen am KSG und brachten zusätzlich eigene Ideen ein. Von den 146 Teilnehmern gaben 65 allgemeine Bereitschaft zur Unterstützung an, ohne die Einzelvorschläge zu bewerten. Die restlichen 81 urteilten wie folgt:


Am wenigsten Zuspruch erhielt die Idee eines Mentorings (56%) von Ehemaligen für Schüler. Das Hauptargument liegt in dem hohen Zeitaufwand und der mangelnden örtlichen Präsenz in Andernach seitens der Ehemaligen. Dennoch war eine größere Zahl bereit, Schüler bei spezifischen Fragen über einen längeren Zeitraum zu begleiten. Ein erster Kontakt sollte sich auf einer Veranstaltung ergeben, wie sie in den vier anderen Vorschlägen angedacht sind.

Besuche im Fachunterricht wurden von über 60% als attraktive Möglichkeit der Wissensvermittlung betrachtet. Trotzdem stellt sich oft die Frage, in welchen Fächern Wirtschaftswissenschaftler, Juristen oder auch Ingenieure vorstellig werden können. Auch andere Studien und Berufe entsprechen keinem Schulfach.

Die Projekttage sind am KSG bereits etabliert und werden von fast 70% als gewinnbringende Einrichtung wahrgenommen. Der niedrigere Prozentsatz gegenüber dem Vorschlag "Ehemaligentag" ergibt sich daraus, daß viele Schwierigkeiten bei einem Termin wochentags haben. Trotzdem wollen sich viele in Zukunft bei dieser Veranstaltung einbringen.

Über diese vier Ideen hinaus wurde von den Ehemaligen sehr häufig der Vorschlag einer Internet-Plattform für Ehemalige und Schüler gefordert. Dort könnten Email-Listen als auch Werdegänge und Diskussionsforen bereitgestellt werden. Pragmatisch und leicht zu bewerkstelligen wäre eine Idee von Christoph Denkel: Ehemalige könnten Studienführer und Vorlesungsverzeichnisse an die Schulbibliothek senden, wo sie von Schülern zur Studienwahl genutzt werden könnten. Als wichtig wird auch hervorgehoben, bereits jüngeren Schülern Ideen vom späteren Berufsleben zu vermitteln. Dies könnte ein Ehemaligentag mit einem breiten Fachangebot sicher am besten leisten. Schüler sollten darüber hinaus die Möglichkeit bekommen, allgemeine Kriterien oder auch Vorgehensmodelle zur Studien und Berufswahl zu erarbeiten. Ehemaligenlisten sollten auch für Schüler an einem Platz in der Schule zugänglich sein, vielleicht in der Bibliothek oder über einen Aushang.

Schließlich sehen die meisten Ehemaligen den größten Nutzen für Schüler, Schule und auch Ehemalige in einer Kombination von verschiedenen Foren und Maßnahmen, um den Austausch untereinander zu fördern und das Netz der Salentiner so mit neuem Leben zu befruchten.


Die Zukunft - Planung der nächsten Schritte

Die Resonanz auf die Umfrage war mit knapp 150 Antworten sehr vielversprechend und ermutigt, um weitere Aktionen auf dem Weg zu einem lebendigen Salentiner-Netz zu starten. Die Liste der Teilnehmer liegt Herrn Kerres vor, der die neuen bzw. alten Kontakte für die nächsten Projekttage Berufswahl nutzen will. Wir werden uns in Kürze mit der Bibliothek in Verbindung setzen, um eine Umsetzung für Christoph Denkels Vorschlag einzuleiten. Des weiteren werden wir mit der Schule, der Vereinigung Ehemaliger Salentiner und dem Förderverein Möglichkeiten für einen Ehemaligentag besprechen. Denn erst durch eine solche Institution gewinnt das Netz der Salentiner an Kraft und Lebendigkeit - damit Schule, Schüler und Ehemalige zusammen mehr erreichen.


Der Aufruf - Ehemalige, macht mit!

Alle Ehemaligen sind herzlich eingeladen, sich an weiteren Aktionen zu beteiligen. Einfach eine E-Mail mit Angaben zu Werdegang und zur Bewertung der verschiedenen Ideen an mendling@web.de schicken. Jeder Teilnehmer zählt!


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